Regierung lehnt eine erneute Neubewertung ab
02.03.2021 Region, PolitikInzwischen sind 90 Prozent der amtlichen Werte eröffnet. Trotzdem will der Adelbodner Grossrat Jakob Schwarz (EDU) das Verfahren noch einmal aufrollen. Die Beurteilungskriterien sind aus seiner Sicht nicht gerecht. Doch der Regierungsrat ist da anderer Auffassung.
BIANCA ...
Inzwischen sind 90 Prozent der amtlichen Werte eröffnet. Trotzdem will der Adelbodner Grossrat Jakob Schwarz (EDU) das Verfahren noch einmal aufrollen. Die Beurteilungskriterien sind aus seiner Sicht nicht gerecht. Doch der Regierungsrat ist da anderer Auffassung.
BIANCA HÜSING
Warum soll eine Liegenschaft im Adelbodner Ortskern nach den gleichen Kriterien beurteilt werden wie eine in Bern? Und warum wird der unterschiedliche Marktwert von Erst- und Zweitwohnungen nicht hinreichend berücksichtigt? Aus Sicht des Adelbodner Grossrats Jakob Schwarz (EDU) lässt die amtliche Neubewertung von Liegenschaften viele Fragen offen. Dass diese überhaupt vollzogen werden muss, will er gar nicht in Abrede stellen. Doch als das Kantonsparlament im März 2017 darüber abgestimmt habe, hätte es noch keinen Einblick in die zugrunde gelegten Bewertungskriterien gehabt. Diese seien erst im Nachhinein erarbeitet worden – und hätten sich nun als unzureichend erwiesen. «Das Ziel einer korrekten und fairen Bewertung der Liegenschaften im Kanton Bern wird nicht erreicht. Mit der Neubewertung wurden einige Ungerechtigkeiten eliminiert, im Gegenzug sind aber neue Ungerechtigkeiten entstanden», ist Schwarz überzeugt. Vom Regierungsrat fordert er daher, die Bewertungskriterien grundlegend zu überarbeiten und örtliche Unterschiede stärker zu berücksichtigen – zum Beispiel die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln (der «Frutigländer» berichtete im November 2020).
8700 Einsprachen
Inzwischen hat sich die Kantonsregierung mit der Motion auseinandergesetzt. Wie zu erwarten war, lehnt sie die Forderung ab. Schon im Vorfeld hatte sie ähnliche Motionen negativ beantwortet – stets mit der Begründung, dass das Verfahren längst im Gange sei und bald abgeschlossen werde. Inzwischen (Stand 21. Januar) seien bereits 635 000 von 720 000 amtlichen Werten eröffnet, also rund 90 Prozent. Die betroffenen Liegenschaftsbesitzer hätten sich per Einsprache gegen die Neubewertung wehren können, was 8700 von ihnen auch getan hätten. Eine Überarbeitung der Bewertungskriterien sei in diesem Verfahrensstadium nun nicht mehr möglich. Der Regierungsrat vertröstet Schwarz auf die nächste Neubewertung – ohne zu wissen, wann diese anstehen wird. In dem Zusammenhang würde sich die eingesetzte Schatzungskommission ohnehin noch einmal mit den Bewertungsnormen befassen und diese nötigenfalls aktualisieren. «Denkbar ist auch, dass das relativ komplexe System der amtlichen Bewertung bis dahin vereinfacht und modernisiert wird», heisst es im Antwortschreiben. Eine solche Vereinfachung werde ohnehin von einem anderen Motionär gefordert und vom Regierungsrat auch grundsätzlich befürwortet.
Das vorgegebene Ziel wurde nicht erreicht
Von dieser Antwort auf seine Motion ist Jakob Schwarz keineswegs überzeugt. «Der Regierungsrat macht es sich sehr einfach, indem er sagt, dass alles abgeschlossen und nicht mehr veränderbar sei», findet der Adelbodner. Gerade im Oberland könne man sehen, dass das vom Grossen Rat festgelegte Ziel, wonach amtliche Werte 70 Prozent des Verkehrswertes ausmachen sollen, klar verfehlt worden sei. «Wenn dies aufgrund falscher oder untauglicher Kriterien erfolgt ist, kommt der Kanton aus meiner Sicht nicht darum herum, Korrekturen anzubringen. Wurde eine Arbeit nicht zufriedenstellend ausgeführt, so muss sie überarbeitet oder neu ausgeführt werden», ist Schwarz überzeugt. Es genüge nicht, auf die nächste allgemeine Neubewertung zu verweisen – schliesslich könne es Jahre dauern, bis diese tatsächlich erfolge. «Bis zur aktuellen Neubewertung dauerte es 20 Jahre. Ich werde deshalb an der Motion festhalten und versuchen, im Grossen Rat eine Mehrheit zu finden.»