«Laienmusikverbände werden oft unterschätzt»
17.09.2021 Interview, Kultur, AdelbodenDie Musikvermittlerin Johanna Schwarzl war zusammen mit ihrer Kollegin Tirza Mirjam Vogel für den Klang der «Adelbodner Symphonie» verantwortlich. Sie hat schon mehrere ähnliche Inszenierungen begleitet. Im Interview erzählt Schwarzl, wie das Projekt zustande kam – und was der ...
Die Musikvermittlerin Johanna Schwarzl war zusammen mit ihrer Kollegin Tirza Mirjam Vogel für den Klang der «Adelbodner Symphonie» verantwortlich. Sie hat schon mehrere ähnliche Inszenierungen begleitet. Im Interview erzählt Schwarzl, wie das Projekt zustande kam – und was der kurzfristige Rückzug der Jodlerklubs bedeutet hat. Frau Schwarzl, Sie haben an der Berner Hochschule der Künste künstlerische Musikvermittlung studiert. Was ist darunter zu verstehen?
Johanna Schwarzl: Es geht dabei ums Entwerfen von musikalischen Projekten, die ein breiteres Publikum erreichen können. Sie sollen helfen, die häufig etwas verkrusteten Strukturen der klassischen Musik aufzubrechen. Wir wollen die Inszenierungen dort hinbringen, wo die Menschen leben und sich wohlfühlen. Nicht jeder fühlt sich in einem klassischen Konzerthaus zuhause. Mich begeistert insbesondere die Zusammenarbeit von Laienmusikanten mit Profimusikern. Laienmusik-Verbände werden oft unterschätzt. Dabei können sie im richtigen Umfeld überraschende Leistungen erbringen. Das haben wir auch in Adelboden erlebt.
Der Jodel gehört zur Adelbodner Musikkultur. Wie sind Sie mit dem Rückzug der beiden Jodlerkubs umgegangen?
(Anm. d. Red.: Die Jodlergruppe Engstligtal musste wegen des Todesfalls ihres Dirigenten verzichten, der Jodlerklub nahm nicht teil, weil sich einige Mitglieder nicht testen lassen wollten).
Johanna Schwarzl: Unsere Enttäuschung über die kurzfristige Absage ist nicht abzustreiten. Wir haben uns der Herausforderung gestellt und den Ablauf der Adelbodner Symphonie übers Wochenende den neuen Gegebenheiten angepasst.»
Was waren weitere Besonderheiten der Adelbodner Symphonie?
Das Projekt hat sich coronabedingt über zwei Jahre erstreckt. Normalerweise besuchen wir die mitwirkenden Musikgruppen mehrmals, damit man sich kennenlernen und zusammenarbeiten kann. Das war bei der Adelbodner Symphonie leider nicht möglich – wir konnten uns den Vereinen nur einmal vorstellen. Beim Gemischten Chor übernahm dies die Festival-Intendantin Christine Lüthi.
Wie sind Sie damit umgegangen?
Die Beteiligten übten ihren Part selbstständig. Erst an der Generalprobe am Dienstagabend trafen sich alle zum ersten und einzigen Mal. Die Saxofonistin Valentine Michaud hat die Programmteile musikalisch miteinander verbunden, es gab also keine Pausen zwischen den Elementen. Die ehemalige Orpheus-Preisträgerin spielte eine sehr wichtige Rolle. Sie erwies sich als sehr flexibel und improvisierfreudig, was unsere Arbeit sehr erleichterte.
Wie war die Zusammenarbeit mit den beteiligten Vereinen?
Ich habe sie als sehr gut empfunden. Als ich mich – noch vor dem ersten Lockdown – im März 2020 bei der Musikgesellschaft vorstellte, spielte ich bei der Probe selbst mit. Das hat Spass gemacht. Die Chorleiter und die Vereinspräsidenten waren von vornherein sehr interessiert und haben die Verbindung zu den Musikanten hergestellt. Wir freuten uns sehr, dass zunächst gleich fünf Vereine und Organisationen das Wagnis eingehen wollten. Schade, dass nur zwei davon übriggeblieben sind.
INTERVIEW RETO KOLLER