In vier Monaten kamen so viele wie in vier Jahren
05.07.2022 Region, PolitikAm vergangenen Freitag informierte der Regierungsrat an einem Medien anlass über die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs im Kanton Bern. Fragen der Unterbringung wurden dabei ebenso thematisiert wie die aktuelle Lage an den bernischen Schulen.
Bisher wurden dem Kanton 7000 ...
Am vergangenen Freitag informierte der Regierungsrat an einem Medien anlass über die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs im Kanton Bern. Fragen der Unterbringung wurden dabei ebenso thematisiert wie die aktuelle Lage an den bernischen Schulen.
Bisher wurden dem Kanton 7000 Geflüchtete aus der Ukraine zugewiesen. Davon ist die Mehrheit privat untergebracht (4296 Personen). In einer eigenen Wohnung leben 1533, in kollektiven Unterkünften 1055 Personen.
Noch immer sind im Kanton Bern rund 340 Personen mehr untergebracht als es dem Verteilschlüssel unter allen Kantonen entsprechen würde. Der Ausgleich erfolgt jedoch aufgrund der geringeren Anzahl neu ankommender UkrainerInnen nur langsam.
Szenarien für den Herbst
Im Hinblick auf die kälteren Jahreszeiten ist zu erwarten, dass sich viele der geflüchteten Menschen aus der Ukraine selbstständig im Schengenraum bewegen werden, um eine wintersichere Unterkunft zu finden. Des Weiteren ist die Lageentwicklung in der Ukraine völlig offen. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) rechnet mit bis zu 150 000 Geflüchteten aus der Ukraine, die bis Ende 2022 in der Schweiz untergebracht werden müssen. Der Kanton Bern bereitet sich deshalb auf verschiedene Szenarien für den kommenden Herbst vor und rechnet mit der Unterbringung von bis zu 20 000 Personen. Diese sollen in allen Regionen des Kantons möglichst gleichmässig verteilt werden.
«Es ist eine grosse Aufgabe, alle Geflüchteten unterbringen zu können», betonte Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektor Pierre Alain Schnegg an einem Point de Presse in der letzten Woche. «Wir bauen bestehende Unterkünfte aus und stellen temporäre Unterkünfte auf. Und wir wünschen uns, dass sich die Gastfamilien weiterhin engagieren. Ich danke allen dafür.»
Hotline für Gastgeberinnen und Gastgeber
Rund die Hälfte der Geflüchteten wohnt aktuell bei Gastfamilien. Die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI) führt einen aktiven Dialog mit Gastfamilien, die Hilfe und Unterstützung benötigen. Mit einer Hotline steht eine Betreuungsdienstleistung zur Verfügung (Infos am Ende des Artikels). Zudem werden zum Wohl der Schutzsuchenden und zur Erkennung und Vorbeugung von Problemen bei den Gastfamilien Besuche durchgeführt.
Wenn Geflüchtete aus der Ukraine Sozialhilfe benötigen, werden sie im Kanton Bern von regionalen Partnern betreut. Diese haben in den vergangenen Wochen ihren Stellenetat stark erhöht, sind doch in den vergangenen vier Monaten etwa gleich viele Personen in den Kanton Bern gekommen wie in den vier Jahren zuvor.
Für den Notfall vorbereitet
Sollte sich die Lage kurzfristig stark verschärfen und es zu sehr grossen Flüchtlingsbewegungen kommen, hat der Kanton Bern mit Unterstützung der Gemeinden Lösungen erarbeitet, um im Notfall rasch bis zu 1250 Plätze in Zivilschutzanlagen und weitere 5000 Notbetten – z.B. in Mehrzweckhallen – bereitstellen und betreiben zu können. Diese Betten würden zusätzlich zu allen anderen Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Lösungen auf allen Schulstufen gefunden
«Ich danke den Schulleitungen, Lehrpersonen und Gemeinden», sagte Regierungspräsidentin und Bildungsdirektorin Christine Häsler am Point de Presse. «Durch ihren grossen Einsatz sind gute Lösungen für die Aufnahme der ukrainischen Kinder und Jugendlichen in den Schulen gefunden worden.» Zentral sei hierbei, dass die Gemeinden aufgrund ihrer spezifischen Situation vor Ort selber über die Ausgestaltung des Unterrichts entscheiden können.
Im Kanton Bern besuchen derzeit rund 1800 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine verteilt auf 190 Gemeinden die Volksschule. Davon gehen 1000 Kinder und Jugendliche in 60 Willkommensund in 30 DaZ-Klassen (Deutsch als Zweitsprache). Die anderen 800 Kinder und Jugendlichen sind in die Regelklassen integriert.
Auf das neue Schuljahr hin werden 140 Kinder aus der Ukraine neu den Kindergarten besuchen. «Diese grossen Aufgaben der Schulen fallen in eine Phase, in der die Schulen schon seit zweieinhalb Jahren durch die Corona-Pandemie und den Lehrpersonenmangel stark belastet sind», so Häsler. Die PHBern hat zur Unterstützung der Schulen und Lehrpersonen ein breites Angebot entwickelt und führt dieses nach den Sommerferien bis vorläufig Ende Jahr weiter.
Auf Niveau Sekundarstufe II haben die geflüchteten Jugendlichen die Möglichkeit, eine der 15 Klassen in Interlaken, Spiez, Thun, Bern, Burgdorf und Biel zu besuchen. Sie sind als sprachzentrierte Brückenangebote konzipiert. 250 Jugendliche nehmen bislang an diesen Brückenangeboten teil, 50 von ihnen wurden für den Besuch eines Gymnasiums empfohlen.
Ab dem neuen Schuljahr werden 280 AbgängerInnen der Volksschule dieses Brückenangebot mit dem Fokus Sprachunterricht nutzen. Die Bildungs- und Kulturdirektion (BKD) eröffnet weitere 10 bis 15 Klassen, darunter neu auch eine in Langenthal. Insgesamt werden 280 Jugendliche von der Sekundarstufe I auf die Sekundarstufe II wechseln.
Geflüchtete an den Hochschulen
An der Universität Bern und der Berner Fachhochschule studieren 150 Geflüchtete aus der Ukraine mit Status S. Die meisten von ihnen waren vor der Flucht mitten im Studium. Für jene, die vor dem Studienstart gestanden sind, hat die Universität ein einjähriges Vorbereitungsstudium aufgebaut. Für die als Gaststudierende aufgenommenen oder neu ankommenden Personen führt die BKD Infoveranstaltungen zum Schweizer Hochschulbildungssystem durch, um ihnen dabei zu helfen, den besten Weg für eine Fortsetzung ihrer Ausbildung in der Schweiz zu finden.
PRESSEDIENST KANTON BERN
Die Unterstützungs-Hotline für Gastfamilien ist unter 031 636 98 80 erreichbar und von Montag bis Freitag von 8 bis 17 Uhr besetzt. Zudem steht für Fragen von Gastgebern die E-Mail-Adresse info.ukraine.gsi@be.ch zur Verfügung.
Der Kanton Bern hat viele Infos für Geflüchtete auf Ukrainisch übersetzen lassen und stellt diese im Internet zur Verfügung: www.be.ch/ukraine und www.hallo-bern.ch. Auf der Website der BKD stehen wichtige Infos und Formulare auch auf Ukrainisch zur Verfühgung: www.bkd.be.ch