Die heisse Bouillon vor Augen zum Sieg

  03.08.2023 Sport, Krattigen

AUSDAUERSPORT Die Krattigerin Eva Hürlimann ist seit Kurzem Weltmeisterin im Ultratriathlon – über die dreifache Ironman-Distanz. Mit über fünf Stunden Vorsprung überquerte sie in Schleswig-Holstein als erste Frau die Ziellinie. Nur drei Männer waren schneller.

MICHAEL SCHINNERLING
Infolge des regnerischen Wetters war das Wasser im Schwimmbecken in Lensahn (D) 20 Grad kühl. «Das hört sich nicht so kalt an, doch wenn man 11,4 Kilometer schwimmen muss, wird es mit der Zeit schon frisch», erklärte eine sichtlich gut aufgelegte Eva Hürlimann am Sonntagabend nach dem Ultratriathlon. In der 30. Ausgabe des Rennens lief für die Krattigerin alles nach Mass. Während sich einige Konkurrentinnen zwischendurch aufwärmen mussten, lief sie stets weiter. «Ich wollte es schnell hinter mich bringen. Schliesslich hatte ich die heisse Boullion vor Augen, die es nach dem Schwimmen gab», schmunzelte die Krattigerin.

Ihre stärkste Konkurrentin, die Norwegerin Marie Veslestaul, brauchte für die 228 Bahnen im 50m-Schwimmbecken 04:48:37. «Ich benötigte lediglich 03:33:52 und staunte nicht schlecht, als ich nach dem Schwimmen einen Vorsprung von einer Stunde und 15 Minuten hatte. Diese Differenz wollte ich beim Velofahren ausbauen. Durch meinen Partner Dani habe ich auf dem Rad enorm an Kondition und Kraft zulegen können», so Hürlimann. Ihr Partner Daniel Gruber ist begeisterter Biker und fordert Hürlimann bei Bergtouren alles ab. Dies kam ihr nun zugute. Zudem war Gruber ihr Supporter. «Dani unterstützte mich, fragte mich immer wieder, was ich brauche und gab mir durch seine Präsenz viel Motivation.» Das brauchte die Krattigerin, denn es galt, mit dem Velo einen Rundkurs von 68 Runden à ungefähr 8 km, insgesamt also 540 km, zu bewältigen.

Koffein und Kopfarbeit
Hürlimann wusste, dass sie beim Velofahren stark sein würde. Was sie beim Nonstop-Rennen weniger im Kopf hatte, war die Nacht: «Ich war mir sicher, dass die Müdigkeit plötzlich zuschlagen würde. Doch ich wusste nicht, wann. Dani hielt mich mit Aktivierung der Gedanken und mit Koffein gut wach, das Ganze war daher mehr eine Kopfsache. Ich versuchte, mich zu fokussieren und all meine mentalen Stärken auszuspielen, und so lief es beim Velofahren rund.» Der ganze Ultratriathlon sei eine permanente psychische Anstrengung. «Ich erlebte, wie stark Eva sein kann», so Gruber.

«Beim Laufen war mir klar, dass ich Zeit verlieren würde, denn da hatte ich nicht so viel investiert. Also war ich gezwungen, mir einen guten Vorsprung zu verschaffen, sobald ich die 126km-Laufstrecke in Angriff nehmen würde.» Diese Taktik ging offensichtlich auf.

Tanzend im Ziel
Die Atmosphäre, das Publikum und Dani, das alles motivierte mich beim Laufen», so Hürlimann. Beim Rundlauf sahen sich die Läuferinnen, und Hürlimann konnte die Konkurrenz gut beobachten. «Die letzten 50 Kilometer litt ich und wurde beim Anstieg langsamer. Dann dachte ich, mein Vorsprung würde schwinden. Ich sah dann aber, dass auch Veslestaul nur noch ging.»

Als dann nach dem Nonstop-Lauf ohne Pause die Uhr bei 38:18:34 stehen blieb, konnte die Athletin ihr Glück kaum fassen. «Die Emotionen waren so stark, dass ich mit Dani im Ziel tanzte. Und dass ich dann im Overall Vierte wurde, also nur drei Männer schneller waren, ist für mich unglaublich.» Nun ist Hürlimann Weltmeisterin, den Titel hat sie sich hart erkämpft. «Ich wusste, dass Eva gut ist und ein Overall-Podestplatz wäre schön gewesen. Doch wir sind froh, dass sie das Rennen ohne grössere Zwischenfälle überstand», so Gruber. Erst später realisierte die Sportlerin, dass sie die Norwegerin um fünf Stunden und 35 Minuten distanziert hatte.
Nun belohnen sich Gruber und Hürlimann selbst. Gemeinsam mit ihren Kindern gehen die zwei in die Ferien, um sich zu erholen.

Alle Resultate: www.frutiglaender.ch im Bereich Web-Links


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