Eine Passion für den Bergsport
13.01.2023 RegionNEUES BUCH Der Bergführer Peter von Känel hat ein Lehrbuch über das Eisklettern geschrieben, das kürzlich im Reichenbacher Filidor-Verlag erschienen ist. In diesem kompakten Werk mit dem Titel «Steep Frozen» hat er die wichtigsten Informationen zu sicherem ...
NEUES BUCH Der Bergführer Peter von Känel hat ein Lehrbuch über das Eisklettern geschrieben, das kürzlich im Reichenbacher Filidor-Verlag erschienen ist. In diesem kompakten Werk mit dem Titel «Steep Frozen» hat er die wichtigsten Informationen zu sicherem Eis- und Mixedklettern verpackt und verständlich aufbereitet.
YVONNE SCHMOKER
Der gebürtige Reichenbacher Peter von Känel (49) lebt heute mit seiner Familie in Frutigen. Im Kindesalter stellte sich der Bergführersohn quer gegen den Bergsport, verbrachte nach der Schule viele Stunden in seinem Bastelraum und baute Modellflugzeuge. Dabei trainierte er seine Finger an der Fernsteuerung und nicht am Fels, wie es sein Vater gerne gesehen hätte. Als Teenager begann er mit dem Gleitschirmfliegen, schaffte bald den Sprung in die Nationalmannschaft und errang mehrere nationale und internationale Titel. Mit der Geburt seiner zweiten Tochter Lea kehrte Peter von Känel dem Gleitschirm-Wettkampfsport den Rücken und fokussierte sich in seiner freien Zeit neben Familie und Beruf zunehmend aufs Bergsteigen und Klettern auf Fels und Eis. Dank seiner grosszügigen und flexiblen Ehefrau Karin durfte er weiterhin seine Leidenschaften ausleben. «Früh starten, eine scharfe Tour machen, zufrieden heimkehren und dann Zeit mit meiner Familie verbringen – das ist Lebensqualität», erzählt von Känel. «Wir haben mit unseren Töchtern Sarah und Lea viele spannende Abenteuer erlebt.» Als die Töchter etwas grösser waren, absolvierte er noch die Bergführerausbildung und beendete diese vor acht Jahren. «Heute arbeite ich halb in der RUAG als Aviatikingenieur und halb als Bergführer.»
Eiskletter-Mekka Kandersteg
«Nach mehreren erfolglosen Versuchen gelang es Xaver Bongard und dem Wilderswiler Bergführer Michael Gruber im Februar 1993, die von Mitholz aus gut sichtbare, markante 300 Meter hohe Eislinie an der Breitwangflue zu erklettern. «‹Crack Baby› ist bis heute eine der besten Eistouren überhaupt – ein alpiner Meilenstein», so von Känel über die Anfänge des Eiskletterns in Kandersteg. Heute gehört die Region Kandersteg– Adelboden international zu den besten und bekanntesten Eisklettergebieten. Beim Oeschiwald und am Oeschinensee findet man eine Fülle prächtiger und gut zugänglicher Routen in allen Schwierigkeitsgraden. Das Klettern an der Breitwangflue oberhalb von Giesenen müssen sich die Kletterer hingegen mit einem langen Zustieg verdienen. Sämtliche Routen dort oben sind zudem sehr anspruchsvoll.
Auch die Region Adelboden bietet viele Eisklettermöglichkeiten auf allen Niveaus. Neben der Bergstation Engstligenalp erstellt die Alpinschule Adelboden Kandersteg mittels Bewässerung alljährlich einen Eisklettergarten – ein gutes Übungsgelände für Eiskletterkurse. «Dort ist es ideal, den Umgang mit Eisgeräten und Steigeisen sowie Sicherungstechniken zu erlernen», erläutert der Frutiger Bergführer und fährt fort: «Zur Ergänzung für unsere von der Alpinschule organisierten Kurse habe ich eine Präsentation übers Eisklettern für unsere Teilnehmer erstellt. Dies brachte mich auf die Idee, ein Lehrbuch zum Thema zu verfassen, da in solcher Art noch keines existierte.»
An Leser mit Grundkenntnissen gerichtet
Von Känel hat sehr viel Energie und Zeit in sein Lehrbuch «Steep Frozen» übers Eisklettern investiert. Gute Unterstützung bekam er von seiner Ehefrau Karin, vor allem in fotografischen und gestalterischen Belangen. Kurz und bündig wollte er es verfassen – ganz nach seinem Vorbild Mani Matter, der mit jedem Wort seiner Lieder ins Schwarze traf. Einem roten Faden folgend ist das Lehrmittel gut strukturiert aufgebaut. Es wendet sich an Lesende mit Grundkenntnissen im Klettern und in der Sicherungstechnik.
In den 90er-Jahren hatte Werner Munter das Risikomanagement mittels dem sogenannten System 3×3 in der Lawinenkunde eingeführt, das Peter von Känel nun auch fürs Eisklettern übernommen hat: Am Vortag bei der Routenplanung, am Einstieg und auf der Route selbst werden die Verhältnisse, das Gelände und der Mensch überprüft, woraus ein «Go» oder «NoGo» resultiert. Als weiteres Werkzeug stellt von Känel in seinem Buch das Konzept der drei Säulen für rasche Fortschritte im Eisklettern vor: von der Aus- und Weiterbildung über das Teilen von Verantwortung bis hin zum Übernehmen von Verantwortung.
Dem «Faktor Mensch» ist auffallend viel Platz gewidmet, denn bezüglich Umgang mit Risiken ist es besonders wichtig, die richtigen Entscheidungen im richtigen Moment zu treffen.
Vor der Veröffentlichung gab der Autor das Manuskript mehreren Leuten mit verschiedenem Können zum Gegenlesen. «Das Feedback der Probeleser war enorm wertvoll und wichtig für mich. Es erlaubte mir sicherzustellen, dass der Inhalt nicht abgehoben, sondern gut verständlich und brauchbar beim Zielpublikum ankommt.»
Warme Winter
In den letzten Jahren wurden die Winter spürbar wärmer, was sich auch in den tiefer gelegenen Eisklettergebieten in Kandersteg und Adelboden bemerkbar macht. Die Eistouren in den Höhenlagen unter 1800 Meter sind manchmal nur noch während weniger Wochen pro Jahr ausreichend solide zum Klettern. Als Alternative und zum Training werden heute oft sogenannte Drytooling-Routen im Fels geklettert, wo nur noch Steigeisen und Eisgeräte an Eistouren erinnern. «In Zeiten von Eismangel, aber auch als eigenständige Sportart, verlangt Drytooling eine Mischung aus Körperspannung, Kraft und Ausdauer. Sogar mit Tourenski auf dem Rucksack bin ich gerne mit Eisgeräten und Steigeisen unterwegs, um eine Felswand zu überwinden», erzählt Peter von Känel lachend. «Drytooling verlangt präzise Bewegungen des Rumpfs und der Extremitäten, um die Hauen der Eisgeräte stabil auf den teilweise winzig kleinen Felskanten zu halten. So können Felspassagen frei geklettert werden, die in klassischer Felskletterei nur schwer oder gar unmöglich zu bewältigen wären.»
Peter von Känels starker Bezug zum «Faktor Mensch» kommt auch am 25. Februar in seinem Vortrag zum Thema «Umgang mit Risiken» in der Badi Lounge Frutigen zum Tragen. Mehr erfahren Sie auf www.frutiglaender.ch im Bereich Web-Links.