Kranken beistehen – Angehörige entlasten
21.01.2020 Region, Gesellschaft, GesundheitDas Angebot der Spitex Niesen wird um eine Aussenstelle von «beocare» erweitert. Angehörige älterer oder kranker Menschen erhalten hier Unterstützung von Freiwilligen – und Verschnaufpausen.
PETER ROTHACHER
Gesundheit ist kein selbstverständliches Gut. ...
Das Angebot der Spitex Niesen wird um eine Aussenstelle von «beocare» erweitert. Angehörige älterer oder kranker Menschen erhalten hier Unterstützung von Freiwilligen – und Verschnaufpausen.
PETER ROTHACHER
Gesundheit ist kein selbstverständliches Gut. Krankheiten können uns in jedem Alter heimsuchen. Trifft es uns – oder jemanden im engsten Umfeld –, wird Pflege nötig. Schön, wenn das zu Hause in gewohnter Atmosphäre möglich ist. Dauert die Pflegebedürftigkeit aber über längere Zeit an oder reift der Wunsch, daheim sterben zu können, stossen Betreuende oft an ihre Grenzen. Liebe und Verantwortungsgefühl können der Grund dafür sein, dass diese Grenzen zuweilen überschritten und die Pflegenden selbst krank werden. Um dem vorzubeugen, hat die Spitex Niesen im Frutigland bisher schon Freiwillige vermittelt. Mit «beocare – Entlastung Angehörige», einem Angebot des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK), wird dieses Spektrum nun weiter ausgebaut.
Das bisherige Engagement
Im Spitex-Stützpunkt Frutigen haben die Verantwortlichen den «Frutigländer» über die Änderungen informiert. Laut Martin Fuhrer, Leitung Pflege, ist schon im März 2007 via Alterskonferenz der Beschluss gefasst worden, die Begleitung Schwerkranker und Sterbender durch Freiwillige an die Spitex zu übergeben. Mit der Vermittlung von Freiwilligen – deren Grundkurse und Weiterbildung über die Alterskonferenz finanziert wurden – startete man drei Monate später. «Die Aufteilung der Aufgaben erfolgte über Koordination 60+ und Spitex. Wobei wir mit drei bis vier Freiwilligen ganz klein starteten», so Fuhrer.
Das Angebot wurde in der Folge ausgeweitet, und 2019 leisteten elf Freiwillige in der Begleitung Schwerkranker 1552 Stunden. «Ein personeller Wechsel bei Koordination 60+ sowie die kantonalen Sparmassnahmen führten jedoch zum Entschluss, das Angebot künftig über beocare anzubieten», erklärt Susanna Zurbrügg, Geschäftsleiterin der Spitex Niesen. «Die derzeit fünf Klienten werden vom Wechsel aber kaum etwas merken.» Die Frutiger Telefonnummer bleibe dieselbe. Speziell bei der Sterbebegleitung sei die Koordination mit der Spitex sehr wichtig, betont die Pflegefachfrau Ursula Ming. «Da ist ein breiter Blickwinkel gefragt und die Szenarien müssen vorgängig mit allen Involvierten besprochen werden.»
2019 über 15 000 Stunden im Oberland
Als SRK-Leiterin der Region Oberland freut sich Annerös Schneider sehr über die auf den 1. Januar eröffnete Aussenstelle «beocare – Entlastung Angehörige» in Frutigen (eine zweite wurde zeitgleich in St. Stephan eröffnet). «Die Zahl der in diesem Segment tätigen Freiwilligen ist seit 2008 von 20 auf 98 gestiegen. 2019 haben sie im Oberland 15 294 Stunden geleistet.» Das beocare-Angebot basiert auf einem Leistungsvertrag mit der Gesundheits-, Sozialund Integrationsdirektion (GSI) des Kantons Bern. «Das SRK geniesst grosses Vertrauen in der Bevölkerung. Und deren Dankbarkeit zeigt sich bei 18 000 Mitgliedern im Oberland auch über grosszügige Spenden und Gönnerbeiträge», sagt Annerös Schneider.
Die beocare-Leiterin Ursula Imboden erklärt: «Unsere Freiwilligen sind für keine medizinischen Leistungen zuständig. Sie übernehmen Betreuungsaufgaben, setzen ihre Zeit für Gespräche und Beschäftigungen ein, begleiten Menschen mit Demenz und anderen Krankheiten. Mit dem regelmässigen oder punktuellen Ablösen der Angehörigen tragen die Freiwilligen dazu bei, dass Betroffene möglichst lange zu Hause leben können.»
Freiwillige werden geschult
Nebst einem Einführungskurs werden die Freiwilligen regelmässig weitergebildet und beispielsweise für Einsätze bei Demenzpatienten oder Sterbenden individuell geschult. «Die Freiwilligen werden vom SRK in ihrem nicht immer einfachen Tun unterstützt und gecoacht», informiert Imboden. Die meisten Freiwilligen seien altersmässig über 30 und viele im (Früh-)Pensionsalter.
Annerös Schneider hält fest: «Eine Grundvoraussetzung ist, dass sie Menschen gern haben, ihnen Zeit widmen wollen und zuhören können.» Die Motivation vieler sei, etwas Sinnvolles leisten zu können. Oder sie basiere auf eigenen Erfahrungen sowie dem Wunsch, aus Dankbarkeit für das eigene positive Schicksal anderen etwas zurückzugeben. «Die Einsätze werden zu einem bescheidenen Spesenansatz vergütet. Und auch für die, die es in Anspruch nehmen, hält sich das Angebot in einem entsprechenden Rahmen – zum Beispiel mit 40 Franken für einen halben Tag.»
Aussenstelle beocare, Spitex Niesen, Adelbodenstrasse 27, 3714 Frutigen; Tel. 033 672 22 37. Mehr Infos finden Sie in unserer Web-Link-Übersicht unter www.frutiglaender.ch/web-links.html